Schriftliches Referat zum Leistungsnachweis im Fach Kunstgeschichte

künstliche Kunst - programmierte Ästhetik ?

eingereicht bei

Prof. Dieter Daniels

von

FB Medienkunst

Stephan Schröder

Str. des 18. Oktober 33/601

04103 LEIPZIG

Tel. 0341-2291601

spiv@hgb-leipzig.de

4.Semester / Matrikel-Nr.15281

INHALTVERZEICHNIS

1. Einleitung
2. Pioniere der Computerkunst / Historischer Rückblick
3. Computerkid Generation

4. Aktuelle Erscheinungsformen der Computerkunst
4.1 Computergrafik

4.1.1. Verfremdung

4.1.2. Montage

4.1.3. Körperlichkeit & Perspektive

4.1.4. Texturen

4.1.5. Raytracing

4.2 Computeranimation
4.3. Interaktive Aspekte der Computerkunst

5. Fazit
5.1 Der Computer, das Instrument
5.2 Technik & Kunst
5.3 Computertechnik & Kunst

6. Literaturverzeichnis




1. Einleitung

Der Computer kann Künstlern als unterstützendes Instrument dienen, um ihre künstlerischen Fiktionen in reale Erscheinungen zu überführen.

Oft wird der Computer dabei zum Element des Kunstwerkes und im besonderen Fall ist er das Thema der künstlerischen Arbeit. Wie in vielen anderen Bereichen zeigt der Computereinsatz auch in der Kunst modifizierende und innovative Wirkungen.

"Der Computer ist ein Tor in ein besonderes Universum der Möglichkeiten." (Csuri, Charles in CLAUS, S. 12)

Der Begriff Computerkunst verweist auf die zwei traditionellen Wissenschaftsbereiche Technik & Technologie und Kunst & Design. In der Literatur findet man das Thema "Kunst und Computer" unter dem Begriff elektronisches Gestalten eingebettet und diskutiert.

Wer sich mit elektronischem Gestalten auseinandersetzt, sollte also vertraut sein mit der Technik/Technologie und mit den ästhetischen Konsequenzen der künstlerischen Prozesse und Produkte.

Die aktuelle Situation der elektronischen Gestaltung zu beschreiben ist schwierig. Es gibt vielfältige Tendenzen, die zudem aufgrund der rasenden Entwicklung der Technologie, kaum niedergeschrieben schon wieder den Schein alter Kamelen haben. Um nicht in einen "Loop" zu verfallen, werde ich mich vornehmlich auf den Bereich der visuellen elektronischen Gestaltung beschränken, versuchen die von Computertechnik beeinflußte Kunst in zwei Generationen von Künstlern zu strukturieren und auf aktuelle Gestaltungsmöglichkeiten eingehen.

Die sprachlich methodische Betrachtung des elektronischen Gestaltens als Schnittstelle zwischen Technik/Technologie und Kunst/Design ist problematisch, da sie kaum eine Tradition besitzt.

Das bedeutet, wer über elektronisches Gestalten allgemein oder über den konkreteren Bereich Computerkunst schreibt, befindet sich in wissenschaftlicher Hinsicht auf relativ ungesicherten Terrain.

Mischa Schaub drückt dieses Problem über den Titel seines Buches "code_X" aus: "code_X heißt code_X, weil hier versucht wird, in einem weitgehend undurchdachten Aufgabenbereich (X = die Unbekannte) einen Verhaltenscodex des Rechnereinsatzes (code = programming code) für den Gestaltungsbereich zu entwickeln." (SCHAUB, S. 13)

 

2. Pioniere der Computerkunst / Historischer Rückblick

Die von mir als 1. Generation definierten Künstler wurden vornehmlich in den Kriegs- oder Nachkriegsjahren geboren. Von Herbert W. Franke über Georg Nees bis Wolfgang Zach, studierten fast alle ausschließlich technisch/mathematische Wissenschaftszweige. Erweckt wurde das Interesse an computergenerierter Grafik als Programmierer und Mathematiker begannen mit geometrischen Figuren frei zu experimentieren. Mit der Überschreitung der Grenze von den technischen und naturwissenschaftlichen Aufgaben betrat man nun Neuland

Obwohl Computerkunst in den fünfziger Jahren entstanden ist, steckt diese Disziplin noch in den Kinderschuhen. Den Startpunkt markiert die Entwicklung und Nutzung des Computers "Whirlwind" im Jahre 1950 am Massachusetts Institute of Technology (M.I.T.) in Cambridge/USA.

Im Dezember 1951 blinkte der Gruß "Hello, Mr. Murrow" auf der Kathodenstrahlröhre des Whirlwind, um seine Fähigkeiten zu demonstrieren. Programmiert wurde der Computer zur Berechnung des Treibstoffverbrauchs, der Flugbahn und der Geschwindigkeit der Viking-Rakete, die eine Höhe von etwa 200 Kilometern erreichen sollte. Als ein Ergebnis leuchtete die Flugbahn auf dem Bildschirm vom "Whirlwind" auf.

Hier greift schon einer der Kritikpunkte an den Werken der Computerkunst: die Ergebnisse stammen oft aus wissenschaftlichen Anwendungen und werden später als Kunst benannt (vgl. COMPUTERGRAFIK, S. 9ff).

Es wird allzuoft "lediglich Technologie zur Schau gestellt"; ebenso sind in vielen Fällen die Werke "eher kommentierend und lassen einen genuinen Ausdruck vermissen".Die entstandenen Kreationen im Grafikbereich waren anfangs "ästhetische Gebilde, die zunächst einmal Nebenprodukte der Arbeit von Technikern und Programmierern waren" (vgl. IBM, S. 3) . Hierbei ist aber auch zu bedenken, daß der Begriff "ästhetisch" ursprünglich von dem griechischen "aisthetikós" stammt und soviel wie "sinnlich" bedeutet. Somit können Begriffe wie "schön", "häßlich", "angenehm" oder "ekelhaft" ästhetische Wirkungen bezeichnen (vgl. BAUER, S. 13) .

In der heutigen Zeit wird für die Ästhetik jedoch die philosophische Definition von Alexander Gottlieb Baumgarten (1714 - 1762) verwendet. Die Ästhetik ist die Wissenschaft von der Kunst und dem Schönen (vgl. BERTELSMANN, S. 13).

Der Auslöser für die Ausgabe von graphischen Bildelementen war der, daß viele in Form von Zahlenlisten vorliegenden Ergebnissen aus den digitalen Anlagen unübersichtlich und aus diesem Grund schwer auswertbar sind (vgl. FRANKE, S. 4).

Stellt man Ergebnisse in Form einer graphischen Ausgabe z. B. als Diagramm, Kurve, etc. dar, so kann man schnell einen Eindruck über die Ergebnisse gewinnen. Es wurden graphische Ausgabegeräte in Form von programmgesteuerten Zeichentischen und entwickelt. Bei diesen sog. Plottern liegt das Papier auf einer Schreibplatte, darüber hinweg, über Schienen, wird ein Stift geführt, der sich auf Befehl hebt und senkt. Somit waren die ersten Computergraphiken nichts weiter als Zeichnungen im üblichen Sinn: sie waren mit Farbstiften entstanden.

Im Jahre 1963 erfolgte durch die Zeitschrift "Computers and Automation" eine Förderung dieser grenzüberschreitenden Experimente. Die Redakteure riefen zu einem Wettbewerb auf, in dem die, nach ästhetischen Gesichtspunkten, schönste Computergrafik gesucht werden sollte. Dieser Wettbewerb wurde mit immer größerer Beteiligung wiederholt.

1965 wagten sich dann die drei Programmierer Frieder Nake und Georg Nees aus Deutschland und A. Michael Noll aus den USA völlig unabhängig voneinander mit ihren Werken in die Öffentlichkeit und stellten sich den Kunstkritikern. Das Jahr 1965 kann somit als Geburtsjahr der Computerkunst angesehen werden. (vgl. Landsdown, John in CLAUS, S. 45). Bereits drei Jahre später folgte die erste offizielle Computerkunst Ausstellung die "Cybernetic Serendipity" in London.

1971 stellte Jasia Reichardt, Initiatorin der oben genannten Ausstellung, fest:

"Auch nicht entfernt habe die Computerkunst bisher etwas hervorgebracht, was ein großes Kunstwerk genannt werden könnte. Wenn man ihn benutze, um Kunst zu schaffen, müsse man wohl davon überzeugt sein, daß der Computer eines Tages so etwas wie ein Haushaltsgerät sein werde." (vgl. Reichardt, S.14)

Eine im Jahre 1971 bemerkenswerte Feststellung. Abraham Moles propagierte damals die "Demokratisierung von Kunst" darüber, daß sie überall in Kopie vorhanden sei und das der Computer dabei eine entscheidende Rolle spielen werde.(Moles, Abraham, S. 16-20).

Doch zunächst blieb Computerkunst eine Domäne der Programmierer: die "Speisung" der Rechner erfolgt über Lochkarten, die von Fachleuten programmiert werden mußten; die Ergebnisse konnte man ausschließlich über die Ausdrucke sehen. Hier offenbarte sich dann der Nachteil der damaligen Zeit, daß der Computer selbst zur Berechnung der Logarithmen und anderen Formeln nur wenige Sekunden brauchte, während das nachgeschaltete, schwerfällige Ausgabegerät eine halbe Stunde oder auch mehr als eine Stunde in Betrieb ist, um das Konzept auszuführen (vgl. CLAUS, S. 45).

Einen guten Einblick zu dieser Situation beschreibt John Landsdown über die Herstellung eines Computerfilms Ende der 60er Jahre:

"Das Equipment konnte nur Strichzeichnungen bewältigen, und das zumeist auf dem Plotter. Und weil jeder Frame solange Rechenzeit hatte - und pro Sekunde des fertigen Filmes brauchte man 25 Frames-, konnten wir uns oft die Zeit nicht leisten, kleinere Fehler durch Neuberechnungen zu korrigieren, weshalb wir auch manchmal fehlerhafte Linien von Hand nachzeichneten. Die Zeichnungen wurden unter einer Kamera dann einzeln positiv oder negativ abgefilmt, vielleicht noch mit mehreren verschiedenen Filtern, um etwas Farbe in die einfachsten Formen zu bringen. Wenn wir mit einer Filmkamera direkt vom Bildschirm abfilmten, so hieß dies, Tag und Nacht in einem dunklen Raum zu sitzen und jedesmal die Kamera auszulösen wenn endlich wieder ein fertiger Frame erschien."

(Zitat von Landsdown, John in CLAUS , S. 45).

Eine wesentliche Verbesserung brachte die Entwicklung des elektronischen Displays. Die Bilder konnten von nun an schnell sichtbar gemacht werden, was für eine Nachbesserung von erheblichem zeitlichen Vorteil ist. Erste Formen der Interaktion zwischen dem Künstler und dem Computer wurden möglich

.

  1. Computerkid Generation
  2.  

Die Computerkid Generation (welche heute die Front der Computerkünstler darstellt) differenziert sich von den Pionieren der Computerkunst vor allem dadurch, daß sie schon früh mit gegebenen technischen und optischen Fundamenten der Technologie konfrontiert wurden. Wie Roy Lichtenstein und Andy Warhol die Kinder von Micky Maus und Supermann sind, sehe ich die aktuelle Medienkunstgeneration als Kinder von Pac Man und Super Mario, die begannen mit bereits gegebenem Stoff zuarbeiten.

Inzwischen sind Reichardt’s Visionen fundamentaler Bestandteil unserer technikdurchtränkten Umwelt. Die in den 1980’er Jahren, als Supercomputer bezeichneten Schränke, sind fest im Heimcomputerbereich etabliert und passen in jede Hosentasche. Computer sind nicht nur in der Lage mehr Farben darzustellen als vom menschlichen Auge überhaupt unterscheidbar (das menschliche Auge ist in der Lage etwa 1 Millionen Farbnuancen zu unterscheiden, vgl. LexiROM 2), sondern auch den Benutzer in virtuelle Realitäten, mittels Cyberbrillen und Datenanzügen, eintauchen und interagieren zu lassen.

Konnten Heimcomputer, wie der 1978 entwickelte Commodore 64, 16 vordefinierte Farben bei 320 x 200 Bildpunkten darstellen, vermag heute jeder moderne PC, Bilder in 16,7 Millionen Farben darzustellen. Die ständig fallenden Preise für Technologie kombiniert mit den Möglichkeiten, die vor 20 Jahren nur privilegierten Wissenschaftlern zugänglich war, scheint jeden zum potentiellen Künstler zu erheben. Riesige Datenbanken von bereits verfügbarem künstlerischem Rohmaterial, scheinen den Computerkünstler vom "Creator" zum "Selector" zu degradieren.

"War einst der Künstler bei Nichtgefallen seiner Arbeit gezwungen diese zu verwerfen, weil eine Nachbesserung technisch meist unmöglich war, bietet sich dem Computerkünstler die Möglichkeit den Input seines Werkes so lange zu modifizieren bis ihm das Endergebnis angemessen erscheint." (Brinkmann, Jürgen,S. 213). Alles scheint nur noch eine Frage der Technik nicht der Inhalte geworden zu sein, und man fühlt sich sofort an den Propheten des elektronischen Medienzeitalters McLuhan erinnert: "the medium is the message".

Viele Künstler stehen noch heute dem Computer und seinen Möglichkeiten im bildnerischen Bereich mit großer Reserviertheit gegenüber. Die Möglichkeit, nun auch die Bild-Erfindung, an einen Automaten zu verlieren, führt zu Ängsten die man mit jenen Ängsten vor ca. 160 Jahren vergleichen kann, welche wegen der Erfindung der Fotografie aufkamen.

Auf der Suche nach dem Kunstaspekt in der Computer -bzw. Medienkunst ein, wie ich finde, falscher Ansatz. Eine vielfach als Kritik computerunterstüzter bildnerischer Kunst gemachte Aussage ist richtig: daß im Prinzip jedes auf dem Monitor erscheinende statische Bild auch auf konventionellem Weg hätte produziert werden können; Unterschiede liegen lediglich im dazu nötigen Zeitaufwand. Die Zukunft der Computerkunst sehe ich daher auch eher in Bereichen wie Medienmix, Animation, realtime & interaktiven Installationen, Cyberspace oder auch der Hypertextualität in der Literatur.

Oder sollten wir uns vielleicht damit einverstanden erklären , daß Kunst und Technik grundlegend verschieden sind und sich beißen wie Alkohol und Auto fahren? Dieser Vergleich ist natürlich irrelevant, weil Auffassungen vom Kunstbegriff teilweise ziemlich weit auseinander klaffen. Zudem bietet auch der Technikbegriff ein weites Interpretationsspektrum.

Meiner Ansicht nach ist Kunst, eine besondere Art von Kommunikation, welche sich auf eine bestimmte Syntax, einen Fluß kompensieren läßt. (Abb.1)



  • Betrachten
  • Interpretation / Auf sich wirken lassen
  • Im Kontext betrachten

(Abb.1)

Dieser Betrachtungsweise des Kunstwerkes als Prozeß kommt eine interaktive Installation besonders nahe, denn hier wird das Werk erst vollendet, wenn es von einem Betrachter benutzt wird. Der Computer kann also dazu beitragen, daß das herkömmliche Kunstkonsumieren in ein aktives und konstruktives Auseinandersetzen mit dem Werk gewandelt wird. Ein Punkt in dem die neuen Medien, den alten einen entscheidenden Schritt voraus sind.

Wenn auch vornehmlich der Werbung und dem Showbusiness entlehnt, bietet die Technologie heute Hyperrealisten und Surrealisten ein gleichermaßen breites Wirkungsspektrum, wenn sie mit dem Computer arbeiten wollen. Schließlich ist nicht das Instrumentarium, ob Heimcomputer oder SGI-Workstation, entscheidend sondern das Werk und die Message.

 

 

 

4. Aktuelle Erscheinungsformen der Computerkunst

Die Computertechnologie hat in vielen Kunstbereichen Einzug gehalten. Die Nutzung ist nicht nur darauf beschränkt, dem Künstler bei seiner Arbeit zu unterstützen, so daß er schneller, kostengünstiger und effektiver arbeiten kann. Bedeutender sind die neuen innovativen Möglichkeiten, die der Computer dem Künstler zur Verfügung stellt.

Im folgenden möchte ich auf einige unterschiedliche Kunstbereiche eingehen, die durch den Computereinsatz zu neuen Ausdrucksformen gefunden haben, oder sich überhaupt erst durch den Computer manifestieren konnten.

Auf den Einzug des Computers in die Musikkunst, werde ich nicht weiter eingehen, da es den Rahmen dieser Arbeit sprengen würde. Folgende Genres habe ich mir im visuellen Bereich zum Schwerpunkt gesetzt:

  • Im Bereich der bildnerischen Kunst die Computergrafik,
  • für den künstlerischen Ausdruck durch einen Film die Computeranimation
  • und für den Bereich der künstlerischen Installationen und Skulpturen die interaktiven Aspekte der Computerkunst.

4.1 Computergrafik

Computergenerierte Bildwelten haben viele Besonderheiten gegenüber herkömmlichen, materiellen Bildern. So kann der Rechner ein Bild in seinem Entstehungsprozeß festhalten. Es kann zu jedem Zeitpunkt seiner Entstehung abgespeichert und ohne Verluste (z.B. in der Farbbeschaffenheit) wieder rekonstruiert werden. Vielerlei Werkzeuge in den Zeichen- bzw. Malprogrammen ermöglichen es dem Künstler besondere Effekte, wie Schattierungen oder Farbverläufe, die beim Malen auf "gewöhnlichen" Medien (z.B. auf Leinwand) besondere handwerkliche Techniken und Fähigkeiten erfordern würden, in seinem Werk zu implementieren, ohne daß er besondere handwerkliche Fähigkeiten erlernen mußte. Die Fähigkeiten, die für die Erstellung einer Computergrafik erforderlich sind liegen eher darin, das Zeichen- bzw. Malprogrammen perfekt zu bedienen oder Graphikprozeduren zu programmieren.

Mit Hilfe der computergenerierten Grafik ist es möglich eine komplexe phantasievolle künstlerische Idee in fotorealistischer Weise darzustellen.

Einige der wichtigsten Techniken für die Gestaltung einer Computergrafik sollen in den folgenden Punkten kurz vorgestellt werden.

4.1.1. Verfremdung

Um die Verfremdung eines Bildes zu erzielen, kann ein Künstler auf umfangreiche Tools in seinem Bildbearbeitungsprogramm zurückgreifen. In vielen Grafikprogrammen besteht zusätzlich die Möglichkeit, eigene Routinen für die Bildverfremdung zu programmieren. Diese können dann als Zusatzmodul in das Programm implementiert werden. Auch hier wird wieder einmal um so deutlicher, wie stark in der Computerkunst Technik und Kunst ineinander verwebt sind. Ohne beständige Präsenz eines Technikers, wäre der klassische Künstler in nahezu allen Bereichen der Computerkunst verloren.

4.1.2. Montage

Das Zusammenführen von mehreren Bildern zu einer Fotomontage ermöglicht der Rechner durch Cut & Paste Funktionen. Eine oft zitierte Kritik an der Computerkunst ist, daß sie vorhandenes Material aus Datenbanken (wie dem Internet oder CD-ROMs) kompiliert und, ohne neue Inhalte zu bieten, Altes kopiert und imitiert. Die große Schwierigkeit bei der Kombination ist aber, daß neue Bild realitätsnahe erscheinen zu lassen. Dabei sollte im Idealfall ein in sich geschlossenes, neues Bild entstehen, welches völlig anders als eine Collage wirkt. Dieses Problem wurde seit der Einführung des 32-BIT Standards weitestgehend vereinfacht. Zur 24-BIT Farbdarstellung (entspricht 16,7 Mio. Farben) kommen noch einmal 256 Grautöne dazu die in sog. AlphaChannels die Transparenz von Hintergrund und zu montierendem Bildbereich definieren. Je nach Form und Helligkeit des AlphaKanals ist es möglich völlig unterschiedliche Bilder ineinander zu verschmelzen, ohne daß selbst das geübte Auge eine Montage wahrnehmen kann.

Die Probleme liegen hier eher in der Farbabstimmung, den Lichtverhältnissen, auftretenden Spiegelungen und dem perspektivisch richtigem Kombinieren des Ausgangsmaterials.

4.1.3. Körperlichkeit & Perspektive

Wie zuvor beschrieben, stellt es wie beim Malen auf traditionellen Medien, eine erhebliche Schwierigkeit dar dreidimensionale Visionen räumlich täuschend auf zwei Dimensionen zu kompensieren. Wie die Gedanken des Malers sich auf die Zweidimensionalität der Leinwand beschränken müssen, können die 3D Modelle der Computerkünstler im Endresultat auch nur perspektivische Projektionen auch den Rasterbildschirm sein (vgl. SCHAUB, S. 47 und S. 53).

Räumliche Modellierungsprogramme können Formen aus Zeichenprogrammen und der Typographie in die dritte Dimension überführen. In diesen Programmen wird das körperlich gewordene Objekt durch ein Drahtmodell repräsentiert. Der 3D-Körper kann dann in einem speziellen Editor an der X,Y und Z-Achse gedreht werden, um eine Ansicht auszuwählen. Diese Editoren erlauben auch die Zuweisung von Oberflächenmaterialien (Texturen - vgl. Punkt 3.1.4), die Definition der Lichtverhältnisse, die Kombination von mehreren Körpern und vieles mehr. Unter Verwendung einer Renderingroutine wird das Drahtmodell, unter Berücksichtigung der im Editor definierten Parameter, interpretiert und in die Finale Abbildung berechnet.

4.1.4. Texturen

Das Texture Mapping läßt sich grob in Oberflächengestaltung übersetzen. Damit kann ein digitales Bild auf die Oberfläche eines 3D-Körpers "gemalt" (gemappt) werden. Diese Texturen sind zumeist fraktal berechnet. Die fraktale Geometrie zu behandeln würde mehrere Kapitel füllen. Das grundlegendste Unterschied zur euklidschen Geometrie, die einen Raum Höhe mal Breite mal Länge definiert ist, daß sich in der fraktalen Geometrie jedes Objekt aus kleineren, dem großem Objekt identischen Objekten zusammensetzt. Ein gebräuchliches Beispiel hierfür ist z.B. ein Baum. Bricht man davon einen Ast ab hat er wieder die Form eines Baumes, bricht man einen Zweig ab - auch dann. Selbst das einzelne Blatt ähnelt mit seinen verzweigten Äderchen der Grundstruktur des Baumes.

Doch zurück zu den Texturen. Mit fraktalen Formeln lassen sich mittels speicherplatzsparender Grundmuster, beliebig große Mamor-, Sand-, Stoff -, Chrom- oder Holzmuster berechnen. Möglich ist dieses mit fast allen Texturen und Mustern die uns im Alltag begegnen, die meisten von ihnen unterliegen irgendeinem Syntax, einer Regelmäßigkeit die sich mathematisch rekonstruieren läßt.

Die meisten Programme erlauben es natürlich auch, selbstproduzierte Bilder, ja sogar Animationen oder Filmsequenzen, für die Oberflächengestaltung zu verwenden Die Bildstrukturen verhalten sich wie reale Oberflächen, das heißt, daß sie entlang der Objektgeometrie verformen.

4.1.5. Raytracing

Strahlenverfolgung, also das Lichtverhalten, ist die Grundlage dieser Technik. Um real erscheinende Computerberechnungen, die Licht, Schatten und Reflexion enthalten müssen, zu kalkulieren ist Raytracing also unerläßlich. Mischa Schaub beschreibt die Eigenschaften dieser Methode folgendermaßen:

"Im Prinzip besteht sie darin, daß nacheinander vom jedem Rasterpunkt der Bildfläche ein gedachter Strahl in die Tiefe des Modellraums ausgestrahlt und dabei verfolgt wird, auf was wird er wohl stößt. Fällt er auf gar nichts, dann wird er als schwarzer Bildpunkt dargestellt. Stößt er aber auf die Oberfläche eine Modellobjekts, dann kann ihm viel geschehen. Je nach Materialeigenschaften (Farbe, Rauheit, Transparenz etc.) und Rotationslage dieser Objektfläche wird er aufgesogen, abgelenkt oder reflektiert." (vgl. SCHAUB, S. 73)

Bei einem Raytracer kann man wählen, wieviele Oberflächen der Strahl maximal berühren kann, bevor die Berechnung des ihm zugeordneten Bildpunkts als beendet erklärt wird. Solch eine "Qualitätsgrenze" ist nötig, weil diese Technik ins Unendliche führen kann, wenn in einem Modell Objekte mit sich gegenseitig spiegelnden Oberflächen vorhanden sind.

4.2 Computeranimation

Wie bereits gesagt ist Animation, da ein mit keinerlei anderen Mitteln zu bewältigenden, ein fundamentaler Bestandteil der Computerkunst. Computeranimation bedeutet die

"Herstellung von dreidimensionalen synthetischen Laufbild-Sequenzen mit Hilfe eines Rechners und geeigneter Programme." (Zitat von Willim, Bernd in CLAUS, S. 147)

Über die Begrifflichkeit der 3-Dimensionalität ließe sich sicher diskutieren, jedoch möchte ich sie hier nicht zum Thema machen. Ich vertrete die Meinung, daß nichts außer der Realität dreidimensional ist. Alles was immateriell ist, oder sich in irgendeiner Weise Rahmenbedingungen stellen muß, sei es beim Film die Mattscheibe, das Papier des Zeichners oder des Computerkünstlers Monitor, verstehe ich als 2D Projektion eines ursprünglichen dreidimensionalen Geschehens.

Viele Täuschungsmöglichkeiten, welche uns diese "Pseudo"-Dreidimensionalität vermitteln sollen, werden von modernen Animationsprogrammen angeboten. Shading (Erzeugen von Halbtonbildern mit kontinuierlichem Farb- und Helligkeitsverlauf), Transparency (z.B. Transparenz von Glas), Raytracing (Lichtberechnung), MotionBlur (Bewegungsunschäfe bei sich schnell bewegenden Objekten) oder Lensflares sollen uns Realität suggerieren. Mit Hilfe dieser Funktionen und der umfangreichen Berechnungen im Vektorraum erzeugt der "flächige" Bildschirm im Bewußtsein der Menschen ein dreidimensionales Bild (vgl. CLAUS, S. 147ff.).

Paradox ist, daß wir Fehler in der Technik, in computergenerierten Bildern auch als real empfinden und deshalb gezielt diese Fehler einsetzen um Realität zu imitieren.

Bei den oben erwähnten Lensflares ist dies zum Beispiel der Fall. Lensflares sind Fehler einer Kamera die auftreten wenn man sie gegen das Sonnenlicht richtet. Diese Fehler, welche sich visuell in hellen Ringen äußern, werden in Computerbildern oder Computeranimationen nur allzu häufig eingesetzt um einen höheren Realitätslevel zu erreichen.

Aber was ist schon real ? Schließlich simuliert man auch "Fehler in der Konstruktion des Auges" wie die Bewegungsunschärfe. Sehr schnell und zudem noch im Vordergrund befindliche Objekte vermag der Computer exakt zu berechnen, das menschliche Auge hingegen nimmt nur einen farbigen "Brei" wahr. Die einzige Kamera die Vorder-und Hintergrund gleichermaßen scharf focusieren kann ist die Computerkamera welche beim Rendern (vgl. 4.1.3) zum berechnen der Objekte eingesetzt wird. Diese mathematisch-exakte Computereigenschaft wird aber bewußt unterdrückt um die Realität des menschlichen Wahrnehmungsfeldes zu integrieren und das Werk "glaubhaft" zu machen..

Eine wichtige Entwicklung innerhalb der Computeranimation, die bei Virtual Relatity Fanatikern den Adrenalinspiegel steigen läßt, stellt die Berechnung in Echtzeit dar, wobei die Verarbeitung von Daten scheinbar gleichzeitig zu deren Eingabe erfolgt (vgl. CLAUS, S. 148). Möglich ist das Verarbeiten von Daten natürlich erst nach deren Eingabe. Die Verarbeitung erfolgt allerdings so schnell, daß unser Bewußtsein meint direkt ins Handlungsgeschehen eingreifen zu können.

Die beschriebenen Möglichkeiten der Computeranimation befähigen Berufe mit Kunstorientierung (Architekten, Designern, Modeschöpfern) dazu, daß sie ihre Zeichnungen im Bewegungsraum entfalten können. In diesem Zusammenhang spielt die Computeranimation nur eine unterstützende Rolle, die es ermöglicht, Entwürfe realitätsnah darzustellen.

Es ist aber auch möglich die optischen Fähigkeiten der 3D-Animationen, für die Aufgaben eines Museums zu nutzen. "The Virtual Museum" ist ein dreidimensionales, computergesteuertes Museum. Dieses Museum besteht aus fünf Ausstellungsräumen, die dem architektonischen Charakteristika der Ausstellungsräume im oberösterreichischen Landesmuseum von Linz nachempfunden sind.

Neben den weitreichenden optischen Fähigkeiten der 3D-Animationen bietet der Computer dem Künstler die Möglichkeit neuartige ungewöhnliche Zusammenhänge und dynamische Metamorphosen auszudrücken, und zu visualisieren. Der Japaner Yoichiro Kawaguchi beispielsweise, implementiert in seiner Reihe "Ecologies" die Prinzipien des Wachstums, durch die Verwendung spezieller Morph-Algorithmen.

Die Tatsache, daß Computergrafik und -animation seit den 70er Jahren vor allem von Wissenschaftlern und Technikern geschaffen wurde, weil sie den besseren Zugang zu den Maschinen hatten, hat dazu geführt, daß innovativ ästhetische Fragen, wie auch in allen anderen Genres der Computerkunst, erst in neuerer Zeit an diese Kunstform herangeführt wurden. Aufgrund von fehlenden Kenntnissen in bezug auf die technischen Bedingungen bei Computeranimationen hat auch die professionelle Kritik von Kunsttheoretikern und Kunstkritikern sich erst spät mit der neuen Bildsprache auseinandergesetzt (vgl. CLAUS, S. 43).

Heutzutage müssen sich Computeranimationen der Fragestellung aussetzen, inwieweit sie sich über die Darstellung des technisch Machbaren hinaus mit der grundsätzlich neuen Syntax des elektronischen Code auseinandersetzen, inwieweit sie nicht nur Wiederholung von "gewöhnlichen" Trick- bzw. Dokumentarfilmen sind...

Die Filmsprache im Film- und Videobereich ist aufgrund einer andersartigen historischen Entwicklung wissenschaftlich ausgereifter, kunsthistorisch besser dokumentiert & diskutiert. Ihre Grammatik beruht auf Übergängen, wobei Einzelbildern durch Schnitt oder Aus- und Überblendung bearbeitet werden. Sie ist in ihrer Methodik in vielerlei Hinsicht auch auf den elektronischen Film anwendbar, aber der elektronische Film besitzt Besonderheiten, deren Erforschung und wissenschaftliche Notation noch in den Kinderschuhen steckt.

"Das Einzelbild im elektronischen Film ist kein Gegenstand, sondern ein Zeitsegment eines fortlaufenden Signals. Das ermöglicht eine Syntax, die auf Transformationen, nicht auf Übergängen basiert. Das Bild ist eine Datenbank. Man kann sich einen Film vorstellen, der aus Tausenden von Szenen ohne Schnitte, Ab- und Überblendungen besteht, jedes Bild ist eine Metamorphose ins nächste." (Zitat von Youngblood, Gene in CLAUS, S. 48).

4.3. Interaktive Aspekte der Computerkunst

Einer der wohl interessantesten Aspekte der Computerkunst die Möglichkeit der direkten Interaktion, die in der klassischen bildnerischen Kunst nicht möglich ist; die Integration aller Computerkunstgeneres zu einem Medienmix, der zudem frei vom Betrachter manipulierbar und beeinflußbar ist, dar.

Die einst in allen klassischen und anfangs auch in der Computerkunst, so säuberlich von einander getrennten Genres verschmelzen, der Computerkünstler wird zum Medienkünstler, das Medium zum Multimedium. Die Avantgarde dieser "Medienmonster" präsentiert sich und ihre Werke Jahr für Jahr auf der Ars Electronica.

Die Exponate bieten ein Spektrum von simpelster Interaktion (z.B. auf Reflexbasis) bis hin zum Versuch, den menschlichen Sinnen ein "Update" zu verpassen, was dann doch eher zum Medienoverdose denn zum Erlebnis wird.

"Wir sind nicht länger mehr Wesen mit fünf Sinnen. Technologie gab uns Hunderte dazu. Wir spüren das Universum im ganzen elektromagnetischen Spektrum." dieses (Krueger, Myron S.137) Zitat nach der Ars Electronica 86 in Linz macht wohl am ehesten den Enthusiasmus der damaligen wie auch der heutigen Zeit offensichtlich. Zudem gesellt sich heute noch die vernetzte Interaktion, prinzipiell die Interaktion zwischen Menschen mit Computern als Mittler. Das 1967 in den USA gestartete ArpaNET, die Mutter des heutigen Internet, wurde fast komplett auf die Multimediaschiene umgeleitet. Die rein textuelle Kommunikation, zu der das Netz konzipiert wurde, gerät in Vergessenheit und viele setzen heute das Internet mit dem bunten rumgeklicke im WWW gleich. Das WWW mit seiner Multimediawelt existiert seit etwa 5 Jahren, und Interaktion ist bis jetzt nur in einigen wenigen Projekten möglich. Zum Thema der Interaktivität (speziell im Netz) habe ich bereits eine zwanzigseitige Arbeit verfaßt und möchte mich deshalb hier nicht ständig wiederholen. Netzkunst ist ebenso selten zu finden wie Interaktionsmöglichkeiten. Auf der Suche nach Kunst im WWW trifft man zum größten Teil auf Homepages die "alte" Kunst repräsentieren, wie es beispielsweise in zahlreichen "Online-Galerien" der Fall ist.

Doch zurück zur lokalen Interaktion.

Durch die Verwendung von elektronischen Installationen, die beispielsweise aus Sensoren, Videocameras, Datenhandschuhen zusammengesetzt sind und die ihre Daten an ein Computersystem weiterleiten, kann die interaktive Skulptur antworten, etwa durch Reaktionen auf Ton, Licht, Schatten, Bewegung - jeder nur erdenkliche Input findet Anwendung. Längst ist auch das Mensch=Input Maschine=Output Schema durch Wissenschaft übergreifende Installationen gewichen. Ich erinnere mich an eine Installation die in Gemeinschaftsproduktion mit einer Biologin entstand. In einem Raum stehen fünf Pflanzen auf Podesten vor einer Leinwand. Der Besucher berührt die Pflanzen und löst damit Entstehen und Wachstum von fraktalen Pflanzen auf der Leinwand aus. An den Pflanzenwurzeln werden biomagnetische Ströme gemessen, die je nach Intensität der Berührung das Wachstum der virtuellen Pflanzen steuern. Ein Beispiel dafür, daß nicht immer die Maschine den Output leisten muß sind Installationen vom australischen Künstler Stelarc. In diesen Performances lies sich der Künstler an allen nur erdenklichen Stellen seines Körpers "vernetzen" und seine Muskeln durch, vom Computer gesteuerte, Elektroimpulse stimulieren. Der Mensch als Marionette der Maschine.

Wie eingangs erwähnt möchte ich auf den Input von Tönen, der bei interaktiven Installationen zweifelsohne eine immense Rolle spielt, hier nicht weiter eingehen.

Neben der Umsetzung des Inputs in Töne nimmt die Umsetzung in Videobilder einen breiten Raum ein. So reagiert ein System beispielsweise mit einer bestimmten Bildsequenz in Abhängigkeit von den elektronisch und/oder mechanisch erfaßten Inputs der Betrachter und/oder durch die Einbeziehung elementarer Kräfte.

Jeff Shaw verwirklichte 1988 sein Projekt "Denkmal für die Fernsehrevolution". Es handelt sich um eine Säule in Menschengröße mit einen Greifarm. Dreht man den Greifarm in Uhrzeigersinn erscheinen Bilder von Mühlsteinen, die Korn zu Mehl zermahlen; dreht man in die entgegengesetzte Richtung, so sieht man, abhängig von der Bewegungsgeschwindigkeit, Bilder der Französischen Revolution (vgl. CLAUS, S. 62).

Ein zweites und letztes Beispiel was ich in Betracht auf Video/Computerinstallationen schildernd möchte, ist "White Devil" von Paul Garrin, eine zusätzlich zur interaktiven zutiefst psychologische. Ein Pit Bull Terrier reagiert äußerst aggressiv auf den Betrachter der Installation. Videocameras nehmen die Bewegungen des Betrachters auf und geben diese Informationen an den Computer weiter. Dem Hund "entgeht" keine Bewegung des Betrachters. Die vom Tier ausgehende Bedrohlichkeit wirkt so real, daß der Betrachter wirklich das Gefühl der Angst erfährt und erschreckt zurückweicht damit sich das Tier wieder beruhigt. Vom Hund bewacht läuft im Hintergrund ein zweites Video, das einen brennenden Landsitz zeigt. Diese Installation hat folgende symbolische Botschaft: "Ein von Menschen abgerichteter Hund bewacht eine von Menschen zum Untergang verurteilte Welt. Eine auf materielle Werte ausgerichtete Gesellschaft voller Gewalt und Grausamkeit wird ad absurdum geführt." Diese Installation wirkt tief auf die menschliche Psyche, weil sie durch die Interaktivität Realitätsnahe gewinnt und die Symbolik des brennenden Hauses für den Verlust der Heimat und den Hund als unüberwindbaren Bewacher im Betrachter durch sein Vorwissen aus dem wirklichen Leben sofort die entsprechenden Assoziation auslöst, die der Künstler mit dieser Arbeit hervorrufen will (vgl. Kenter, Elisabeth in Mediale Hamburg, S. 63).

Für die Entwicklung von interaktiven Systemen, die möglichst in Echtzeit reagieren, antworten sollen, ist der Einsatz modernster Technologie erforderlich. Hochleistungsfähige Computer, empfindliche Sensoren und neuartige Speichermedien (Bildplatte, CD) werden von den Künstlern kombiniert und eingesetzt. Sie erfordern auch hier wieder ein vom Künstler ausgeprägtes technisches Wissen.

5. Fazit

  1. Der Computer, das Instrument

"Der Ausdruck Computerkunst bezieht sich also weder auf einen bestimmten Stil noch auf eine besondere Qualität - er kennzeichnet lediglich das Instrumentarium".

(Herbert W. Franke [2], S.43)

Doch wer ist wirklich das Instrumentarium? Oftmals lenkt und kontrolliert der Computer den Künstler und "signiert" dessen Werk. Anstatt des Künstlers Gebrauch des Computers, gebraucht der Computer den Künstler. Häufig werden "Bugs" (Fehler in Programmen) oder zufällige nicht direkt gewollte Gebilde als Idee deklariert. Das Experiment wird zum Kunstwerk. Komplexe Mathematik, nur noch durch Computer überhaupt durchführbar, die fraktale oder chaotische Formen hervorbringen, werden zum Grundmaterial des Computerkünstlers. Sollte all dies gegen den Einsatz von Computern in der Kunst sprechen? Sind Computerkünstler Selektoren aus dem Ideenpool des Computers? Nein. Jede Kunstform ist im Prinzip ausgehend von der Message, ein probieren und experimentieren in der Aura dieser Message. Ob nun mit Farben, Tönen, fiktiven Gegenständen, Gedanken oder Worten experimentiert wird - kein Künstler "erdenkt" sein Werk in einem Guß. Beispielsweise wurde in der klassischen Portrait Malerei, mit "Schönheit" experimentiert. Das Modell wurde im Output sozusagen aufgestylt, was natürlich ein Probieren verschiedener Lösungsansätze war um den Output nach den Gedanken des Künstlers zu formen.

Der Computer erweist einem lediglich den Dienst der Arbeitserleichterung diese Lösungsansätze durchzuspielen. Ohne entsprechenden Input wird der Computer, so leistungsfähig er auch ist, nicht zum Künstler. Was also einst das Dichten, das Mischen von Farben oder das Komponieren war, ist des Computerkünstlers Input in welcher Weise auch immer.

5.2 Technik & Kunst

Nachdem ich eingangs den Kunstbegriff für mich abgesteckt habe (Abb.1), wirft sich bei der Frage welcher Zusammenhang wohl zwischen technisch-wissenschaftlicher und ästhetisch-künstlerischer Kreativität besteht? Natürlich die Definitionsfrage der Technik auf. Die Technik ist meiner Ansicht nach das was den Künstler befähigt seine Intension in das Werk zu überführen bzw. auch das was dem Betrachter die Interpretation ermöglicht. Verschiedene Techniken im groben differenziert, ermöglichte das Entstehen verschiedenster Kunstepochen. Diese differenzierte Technik abermals verfeinert führt zur Handschrift zum Style des Künstlers. Technik ist also unerläßlich für kreative Köpfe um diese Kreativität anderen zu übermitteln. Es gibt wohl viele phantasiebegabte Menschen, diese Phantasie aus den Schranken eines Hirngespinstes zu befreien bedarf es Technik. Somit kann man Kunst auch als Komposition aus Phantasie und Technik sehen, was den Definitionsversuch in Abb.1 ja nicht widerlegt. Der Betrachtungswinkel der Definition ist entscheidend.

5.3 Computertechnik & Kunst

Ich trenne hier bewußt Computertechnik von der Technik generell um die Problemstellung welcher die Medienkunst ausgesetzt ist, zu manifestieren.

Bei keiner anderen Kunstform wird in dem starken Maße zwischen Technik und Kunst unterschieden, wie bei der Medien -bzw. Computerkunst. Diese starke Unterscheidung, die viele beim Gedanken vom "Einzug" des Computers in die Künste erschauern läßt, baut auf Nichtverständnis dieser Technik und damit totaler Ablehnung, auf. Der Computer erweist sich als ein universelles datenverarbeitendes Ding, was einem scheinbar den Wunsch von den Lippen abließt und scheinbar selbst eine phantasieproduzierende Fabrik ist. Ebenso ließe sich ja auch behaupten, daß jeder der einen Pinsel in der Hand hält automatisch zum Künstler avanciert. Etwas schärfer ausgedrückt, warum malt der Pinsel nicht von selbst, wenn der Künstler ihn in der Hand hält? Weil der Künstler ihn führen muß. Nun ist der Aufbau eines Pinsels wesentlich einfacher zu beschreiben. Das Führen des Instruments übertragen auf den Computer erscheint den meisten jedoch immer noch als Mysterium, was im mittelalterlich naiven Schluß endet, daß er eine "Wundermaschine" sei.

Richtig ist zweifelsohne, daß Künstler die mit dem Computer arbeiten, sich natürlich mit dessen komplexen Struktur befassen und somit viel mehr Techniker, zudem aber auch nicht weniger Künstler sein müssen.

Das Destillat sämtlichen Unverständnisses für Computerkunst läßt sich vielleicht an einem kleinen Rechnenbeispiel festmachen von dem viele ausgehen welches jedoch falsch ist.

Bildnerischer Maler = 30% Technik, 70% Kunst also, Künstler

Computergrafiker = 70% Technik, 30% Kunst also, Techniker.

Mit plumper Mathematik mag das stimmen, in der Kunst muß der Computerkünstler jedoch über die 100% hinaus gehen und zum großen Technikverständnis, ein ebenso großes für Kunst, ansonsten kann man allenfalls von einem Designer oder einem im Werbebusiness Beschäftigten sprechen.

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

6. Literaturverzeichnis

Bauer, Hans in: "Design Kunst Computer", H. Bauer (Hrsg.), Verlag Jenior & Preßler, Kassel

1991

Bertelsmann "Universal Lexikon", Band 2, Gütersloh 1992

Claus, Jürgen: "Elektronisches Gestalten in Kunst und Design", Rowohlt Verlag, Hamburg

1991

"Computergrafik", Time-Life Bücher, Deutschland, 1986

Franke, Herbert W. in: "Computerkunst", IBM Deutschland (Hrsg.), Deutschland 1975

Franke, Herbert W. [2], "Das expandierende Medium" Images digital, Barke, S.43, 1986

IBM Deutschland "Computerkunst", IBM Deutschland (Hrsg.), Deutschland 1975

Mediale Hamburg, MACup Verlag und MEDIALE Büro (Hrsg.), MACup Verlag GmbH,

Hamburg 1993

Schaub, Mischa: "code_X - Multimediales Design", DuMont Buchverlag, Köln 1992

Reichardt, Jasia: "Cybernetics, Art and Ideas", London Studio Vista 1971, S.14)

Moles, Abraham: "Über die Verwendung von Rechenanlagen in der Kunst.- Exakte Ästhetik" 5. Stuttgart: Verlag Nadolski. 1967 S. 16-20

MicroSoft "LexiROM 2", CD-ROM Lexikon, Verlag unbekannt

Brinkmann, Jürgen "Iterative Bilderzeugung" K7/19B/86, S. 213

Marshall McLuhan: "Understanding Media: Extensions of Man", NewYork McGraw-Hill, 1964

Krueger, Myron W. in: "Images digital", Barke Verlag, S.137, 1986

Herbert W. Franke [2], "Das expandierende Medium" Images digital, Barke, S.43, 1986